Eigene national und international publizierte Forschungsaktivitäten zur Verbesserung der Diagnostik und Behandlung des Prostatakrebses
Über unsere klinische Erfahrung hinaus leisten wir durch unsere national und international publizierten Forschungsaktivitäten einen Beitrag zur weiteren Verbesserung der Diagnostik und Behandlung des Prostatakrebses.
Die Einbindung unserer Universitätsklinik für Urologie in die Medizinische Fakultät der Universität Oldenburg gibt uns dabei die Möglichkeit, unsere wissenschaftliche Tätigkeit auf diesem Gebiet zusammen mit universitären und weiteren Partnern auch außerhalb des Klinikums Oldenburg stetig auszubauen.
Da uns die Kontrolle unserer Behandlungsergebnisse ein wichtiges Anliegen ist, beteiligen wir uns so z. B. an der Entwicklung bzw. Fortentwicklung eines Tumordokumentationssystems. Dieses bietet uns die Möglichkeit Nachsorgedaten und Daten zum Befinden aller unserer Patienten, welche wir bis zu 10 Jahre nach der Behandlung erfassen, auch mit der Versorgungsrealität in anderen Zentren ständig zu vergleichen.
Hieran knüpfen auch weitere Untersuchungen zur tatsächlichen Versorgungsqualität jenseits von kontrollierten Studien in Zusammenarbeit mit dem Department für Versorgungsforschung der Medizinischen Fakulät und gemeinsame epidemiologische Untersuchungen mit dem Epidemiologischen Krebsregister Niedersachsen an.
Zudem sind wir bestrebt, insbesondere durch uns mitentwickelte Methoden wie z. B. die gezielte Entfernung der Lymphknoten beim Prostatakarzinom mittels Sentinel-Verfahren weiter zu überprüfen und zu verbessern.
In einem weiteren Schwerpunk beschäftige wir uns mit neuen bildgebende Verfahren wie z. B. dem PET/CT oder der Scherwellen-Elastographie beim Prostatakarzinom.
Vorhersagetool für Lymphknotenmetastasen (Nomogramm)
Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeit von Lymphknoten-Metastasen
In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Oldenburg und OFFIS – Institut für Informatik Oldenburg wurde erstmals basierend auf Daten zur Sentinel-Lymphknotenentfernung ein Instrument zur Vorhersage von Lymphknoten-Metastasen entwickelt (Winter et al. The Journal of Urology, 2012). Das Verfahren wird in Niedersachsen nur in Oldenburg angeboten.
Lymphknotenmetastasen können beim Prostatakarzinom mit der derzeit zur Verfügung stehenden Bildgebung leider nicht zuverlässig nachgewiesen werden. Deshalb bleibt im Moment nur der Nachweis über die operative Entfernung bzw. histopathologische Gewebeaufarbeitung. Hierfür wurde von uns von uns die gezielte Lymphknotenentfernung in Sentinel-Technik mitentwickelte und vom Leiter des Zentrums, Herrn Priv.-Doz. Dr. Wawroschek erstmals beim Prostatakarzinom angewendete. Das Verfahren ist, wie wir zeigen konnten (Winter et al. Int J Urol 2014), hoch sensitiv im Metastasennachweis . Dabei bietet die Sentinel-Technik wegen des zielgerichteten Vorgehens zudem eine geringere Invasivität / Komplikationsrate als das herkömmliche ausgedehnte Verfahren (Winter et al. Aktuelle Urol. 2011).
Um das Risiko des einzelnen Patienten für Lymphknotenmetastasen ausgehend von den Daten der Sentinel-Methode genau abgeschätzt zu können, haben wir zusammen mit Wissenschaftlern der Universität Oldenburg und dem OFFIS-Institut für Informatik Oldenburg ein Vorhersagewerkzeug (Nomogramm) entwickelt. Dieses bietet jedem Patienten bzw. Arzt die Möglichkeit, die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen von Lymphknotenmetastasen für die individuelle Befundkonstellation mit hoher Sicherheit abzulesen bzw. die Behandlung optimal danach auszurichten.
Nomogramm
Unser Nomogramm kann auf der Basis von drei Faktoren (klinisches Tumorstadium, PSA-Wert und Gleason-Summe) Ihr Risiko bzw. das Risiko Ihres Patienten für das Vorliegen von Lymphknotenmetastasen basierend auf den Ergebnissen der Sentinel-Lymphadenektomie mit hoher Zuverlässigkeit berechnen. Wir weisen aber darauf hin, dass es sich um eine statistische Vorhersage handelt und Einzelfälle auch hiervon abweichen können.
Grafik: Netztafel zum Nomogramm als PDF
Geben Sie die drei genannten Parameter, welche Sie ggf. von Ihrem Urologen erhalten können, in die folgenden Felder ein:
Wir beteiligen uns bereits seit 2005 als Mitglied der Arbeitsgruppe „Prostatakarzinom“ des Tumorzentrums Berlin am Aufbau und der Weiterentwicklung eines internet-basierten Tumordokumentationssystems, welches von Kollegen an der Charité Berlin und dem Tumorzentrum Berlin initiiert wurde.
Inzwischen wurden in das System bereits mehr als 17.000 Verläufe von Prostatakrebspatienten eindokumentiert. Das System bietet den teilnehmenden Kliniken erstmals die Möglichkeit, die Behandlungsdaten, -ergebnisse und Nachsorgedaten der eigenen Patienten nicht nur zu dokumentieren, sondern auch immer mit den Ergebnissen der anderen darin inzwischen bundesweit dokumentierenden Kliniken (z. B. Charité Berlin) zu vergleichen. Damit können immer aktuell Rückschlüsse auf die eigene Behandlungsqualität gezogen werden. Außerdem lassen sich aus der großen Menge der Gesamtsdaten Entwicklungen für ganz Deutschland ablesen. Ein wissenschaftlicher Artikel hierzu wurde in der international renommierten Fachzeitschrift „British Journal of Urology“ publiziert.
Das PET-CT, welches die Verfahren der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und der Computertomographie (CT) kombiniert, stellt derzeit – trotz verschiedener Einschränkungen (z. B. Nachweis von Metastasen <5 mm) – die zuverlässigste Methode zum Nachweis von Lymphknotenmetastasen im Falle eines Rezidives, d. h. bei Wiederkommen der Erkrankung dar.
Das Verfahren bietet damit die Möglichkeit auffällige Lymphknotenbefunde gezielt operativ zu entfernen. Unsere bisher hierzu durchgeführten Untersuchungen ergaben, dass von der verzögerten Entfernung von Lymphknotenmetastasen nach operativer Prostataentfernung insbesondere Patienten mit nur einer mittels PET-CT nachgewiesenen Lymphknotenmetastase profitieren können. So konnten wir sehen, dass fast 50 Prozent dieser Fälle inzwischen bis zu mehr als 6,5 Jahre nach der Metastasenentfernung ohne Zusatzbehandlung Tumor frei blieben (zur Publikation).
Neue PET-CT Marker wie z. B. das PSMA (Prostata Spezifisches Membran Antigen) können das Verfahren zukünftig möglicherweise weiter verbessern.
Die Versorgungsforschung, welche auch mit dem Department für Versorgungsforschung einen speziellen Schwerpunkt der Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaften der Universität Oldenburg darstellt, untersucht die Versorgung der Bevölkerung in der alltäglichen Krankheits- und Gesundheitspraxis, d.h. es geht um die tatsächliche Versorgungsqualität jenseits von kontrollierten Studien. Die Versorgungsforschung untersucht dabei, wie z. B. Finanzierungssysteme, aber auch soziale und individuelle Faktoren und Organisationsstrukturen im Gesundheitswesen die Gesundheit und das Wohl des Patienten beeinflussen. Um dies zu ermöglichen, bedarf es der koordinierten Zusammenarbeit von Vertretern der unterschiedlichen Sektoren unseres Gesundheitswesens, so unter anderem des Krankenhaussektors, der niedergelassenen Ärzte und der Krankenkassen.
In engem Zusammenhang hiermit stehen epidemiologische Untersuchungen, welche sich mit den Ursachen und Folgen sowie der Verbreitung von Erkrankungen in der Bevölkerung beschäftigen. Wichtige Kennzahlen stellen dabei z. B. die Entwicklung der Lebenserwartung und im Falle von Krebs-erkrankungen der Tumorstadien dar bzw. welchen Einfluss verschiedene Faktoren wie z. B. die Einführung von Früherkennungsmaßnahmen oder neuer Behandlungsmethoden auf diese haben.
Die Universitätsklinik für Urologie beschäftigt sich dabei in Zusammenarbeit mit dem Departement Versorgungsforschung und weiteren Partnern insbesondere mit Fragen zur Versorgung von Prostatakarzinompatienten und der Epidemiologie des Prostatakarzinoms, welches in Deutschland bei Männern die häufigste bösartige Tumorerkrankung bzw. dritthäufigste krebsbedingte Todesursache darstellt.
Beispielsweise wurde gemeinsam mit dem Krebsregister Niedersachen, der GEKID Cancer Survival Working Group und der Abteilung für klinische Epidemiologie und Alternsforschung des Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg (DKFZ) eine umfassende Arbeit zur Epidemiologie des Prostatakarzinoms in Deutschland durchgeführt und ein Vergleich mit den Daten der USA durchgeführt. Für die Arbeit wurde Herr Dr. Alexander Winter, Oberarzt der Universitätsklinik für Urologie, mit dem Peter-Bischoff-Preis ausgezeichnet.
Gemeinsam mit dem Epidemiologischen Krebsregister Niedersachsen wurden außerdem Neuerkrankungsfallzahlen für die Urologischen Karzinome bis 2030 hochgerechnet, wobei sich enorme Steigerungsraten insbesondere für das Prostatakarzinom (+ 31 %) ergaben. Die Arbeit wurde 2013 auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie mit einem Vortragspreis ausgezeichnet.
Die Magnetometer gesteuerte intraoperative Detektion von Sentinel-Lymphknoten nach transrektaler Injektion von superparamagnetischen Eisenoxid-Nanopartikeln stellt ein vielversprechendes neues Verfahren zur zielgerichteten Lymphknoten-Entfernung und damit Alternative zur radioaktiven Markierung und Detektion mittels Technetium-Nanokolloid und Gamma-Sonde dar. Diese bietet zwar eine hohe Sicherheit im Metastasennachweis, jedoch stellen dabei die Strahlenexposition von Patienten und Untersucher und die Verfügbarkeit des radioaktiven Tracers bzw. der nuklearmedizinischen Logistik Probleme dar.
Beim Brustkrebs konnten mit der magnetischen Markierung bereits mit der herkömmlichen Technik vergleichbare Ergebnisse erzielt werden. In der weltweit ersten Studie zum Einsatz der neuen Technik beim Prostatakarzinom (SentiMagPro), konnte eine Arbeitsgruppe der Universitätsklinik für Urologie am Klinikum Oldenburg die Funktionsfähigkeit des Systems auch für die Prostata zeigen (Winter et al.,Ann Surg Oncol 2014).
Eine Folgestudie (SentiMag Pro II) zur weiteren Untersuchung dieser neuen magnetischen Markierung beim Prostatakarzinom hat in unserem Zentrum im Februar 2015 begonnen. Weitere Informationen zur Studie und einer mögliche Teilnahme finden Sie hier.